22.5.07

KRITIK AN GIORDANO

Er war in die Rolle von Biedermannis Alibi-Juden [1] gerutscht. Wider eigenen Willen. So unterstelle ich zu seinen Gunsten. Nun wird Ralph Giordano, nun werden Ralph Giordanos doch recht pauschale Aussagen über den Neubau der Ehrenfelder Moschee und die (Des-)Integration deutscher Muslime kritisiert. Seitens des Publizisten und Judaisten Günther Bernd Ginzel. Ginzel, wie Giordano Kölner und jüdischen Glaubens, heute im Interview [2] mit dem Deutschlandfunk:

Das ist nicht der Ralph Giordano, wie ich ihn seit Jahrzehnten kenne. ... Ich kenne ihn zwar mit dem gleichen Gestos des Pathos und des Appellativen. Ich frage, ich sage, tut dies. Das funktioniert, wenn der Überlebende spricht, wenn das Opfer spricht, wenn er sozusagen aus seiner persönlichen und kollektiven Geschichte Schlüsse zieht und sagt, tut was gegen rechts. Es funktioniert nicht in diesem Kontext. Es wirkt entweder albern, anmaßend oder eben rechtspopulistisch.

Ginzel ferner:

Wir haben keinen Dialog mit dem Islam. ... Da wäre vieles zu diskutieren und zu kritisieren, innerjüdisch in Bezug auf die jüdische Identität und das Verhältnis zu Israel und in Bezug zum Islam und vor allen Dingen auch die antisemitischen Tendenzen unter jungen Muslimen, die wir von vielen Schulen hören. Aber auf der Basis, wie Ralph Giordano das getan hat, kann man sich nur auch als Jude schützend vor die muslimischen Nachbarn stellen.

Ginzel über eine etwaige Angst deutscher Juden vor Muslimen:

Eine grundsätzliche Angst würde ich verneinen. Eine Irritation und Besorgnis ja. Dafür passieren zu viele unerfreuliche Dinge. Wir haben an vielen Schulen Übergriffe. Es häufen sich Fälle, wo muslimische Eltern ihren Kindern zu verbieten suchen, an einem Synagogenbesuch der Klasse teilzunehmen. Ein beträchtlicher Teil der muslimischen Gesellschaft ist nicht dialoginteressiert.


Also doch: fundamentale Kritik am Islam? Ginzel meint: Nein. Denn:

Aber wir vergessen immer - und das hat auch Giordano getan -, die Mehrzahl der Muslime ist säkular und liberal. Alles das, was ich jetzt gerade eben auch kritisch angemerkt habe, trifft auf sie nicht zu.